Leider drücken sich einige Unternehmen davor, Menschen mit Behinderung einzustellen, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Damit sich das ändert, müssen Arbeitgeber, die keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, in Zukunft eine höhere Abgabe zahlen – das hat der Bundestag in dieser Woche beschlossen.

Konkret wird mit dem Gesetz zum inklusiven Arbeitsmarkt eine vierte Stufe „(vierte Staffel“) der Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber eingeführt. Das heißt: Private und öffentliche Arbeitgeber, die keinen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, zahlen dann 720 Euro monatlich pro unbesetzter Stelle, doppelt so viel wie bisher. Für kleinere Arbeitgeber gibt es Sonderregelungen.

Selbstbestimmt am Arbeitsleben teilnehmen

So wird mehr Menschen mit Behinderung eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt ermöglicht. Damit tritt die Ampel für eine inklusive Gesellschaft ein, in der Menschen mit Behinderung selbstbestimmt und gleichberechtigt am Arbeitsleben teilnehmen können.

Beim Budget für Arbeit (Lohnkostenzuschuss an Betriebe, die einen Menschen mit Behinderung beschäftigen) ist der vom Leistungsträger zu erstattende Lohnkostenzuschuss nach aktueller Rechtslage auf 40 Prozent der Bezugsgröße begrenzt. Diese Deckelung wird nun abgeschafft.

Dadurch wird sichergestellt, dass auch nach Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro bundesweit der maximale Lohnkostenzuschuss - soweit nach den Umständen des Einzelfalls erforderlich - gewährt werden kann.

Reguläre Beschäftigung hat Vorrang

Zudem werden Leistungen des Integrationsamtes schneller genehmigt, etwa für eine Arbeitsassistenz oder eine Berufsbegleitung. Entsprechende Anträge gelten künftig nach sechs Wochen als genehmigt.

Weiter sollen die Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe vollständig in die Beschäftigungsförderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt investiert werden. Ganz klar ist: Dort, wo es möglich ist, hat die reguläre Beschäftigung Vorrang.

SPD-Fraktion hat Verbesserungen erreicht

Im parlamentarischen Verfahren hat die SPD-Fraktion eine weitere Verbesserung erreicht: Stellt ein Arbeitgeber einen schwerbehinderten Menschen ein, der unmittelbar vorher in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter beschäftigt war (oder ein Budget für Arbeit erhält), dann zählt dessen Arbeitsplatz bei der Berechnung der Pflichtarbeitsplätze in den ersten beiden Jahren der Beschäftigung doppelt.

Eine diesbezügliche Einzelfallprüfung entfällt in diesem Zeitraum. So wird Bürokratie abgebaut und die Bereitschaft der Arbeitgeber erhöht, Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit Schwerbehinderung zur Verfügung zu stellen.

Mit dem Gesetz wird eine langjährige Forderung der Verbände der Menschen mit Behinderung umgesetzt, die CDU und CSU immer blockiert haben und weiter gerne blockiert hätten.

Martin Rosemann, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher:

"Das Gesetz ist ein wichtiger Schritt für die Inklusion in Deutschland, denn Arbeit ist nicht nur Broterwerb, sondern auch identitätsstiftend. Wenn Arbeitgeber:innen keine oder zu wenige Menschen mit Schwerbehinderung einstellen, müssen sie sich durch Ausgleichsabgaben daran beteiligen, Menschen mit Behinderungen einen fairen Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Der Gesetzentwurf enthält drei wesentliche Änderungen: Erstens wird bei der Ausgleichsabgabe eine zusätzliche, vierte Stufe eingeführt für Arbeitgeber:innen, die keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigten. Für sie wird die Ausgleichsabgabe verdoppelt. Sonderregelungen gelten weiterhin für kleinere Unternehmen. Zweitens werden die durch die Ausgleichsabgaben eingenommenen Gelder ausschließlich zur Förderung von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt genutzt. Denn wenn immer es möglich ist, soll die reguläre Beschäftigung Vorrang haben. Drittens wird der Lohnzuschuss für Arbeitgeber:innen, die schwerbehinderte Personen einstellen, nicht mehr gedeckelt."

Takis Mehmet Ali, Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen:

"Aktuell sind noch immer etwa 166.000 schwerbehinderte Menschen arbeitslos. Mit dem Jobcoaching und dem beschleunigten Zugang zur Arbeitsassistenz sorgen wir dafür, dass Menschen mit Unterstützungsbedarf ihre Fähigkeiten wirksam in Unternehmen einbringen können. Zudem können Betriebe Mitarbeitende, die vorher in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen tätig waren, zukünftig pauschal doppelt auf die zu erreichende Inklusionsquote von 5 Prozent anrechnen. Und das ganz ohne lästigen Verwaltungsaufwand. Menschen mit Behinderungen sind qualifiziert und motiviert. Das müssen wir als Gesellschaft anerkennen und nutzen - auch auf dem Arbeitsmarkt."